Krieg, Gewalt und Flucht lösen in Kindern große Angst aus. Selbst wenn sie hier in Deutschland angekommen sind, wenn sie (hoffentlich) endlich in Sicherheit sind, ist die Angst noch immer da. Unbehandelt kann sie ihr weiteres Leben sehr stark beeinflussen; sogar das ihrer Kinder und Enkelkinder. Ein Bilderbuch für traumatisierte Flüchtlingskinder soll ihnen helfen.
Das Phänomen ist auch aus Deutschland bekannt: Kinder, die Krieg, Gewalt, Flucht und Vertreibung erleben mussten, haben häufig noch als Erwachsene mit den Folgen zu kämpfen. Sie konnten ihr Potenzial nie ausleben, haben unerklärliche körperliche Symptome, erleben immer wieder scheinbar irrationale, übersteigerte Ängste u. v. m. Und all das überträgt sich unbewusst auf ihre Kinder, Enkelkinder, oft sogar noch an ihre Urenkel_innen, sodass diese teils lebenslang mit ähnlichen Folgen zu kämpfen haben.
Um den jetzigen Flüchtlingskindern zu helfen, ihre Traumata zu überwinden, hat eine Pädagogin mit Unterstützung u. a. durch die Flüchtlingsambulanz des UKE in Hamburg ein Traumabilderbuch für Kinder entwickelt.
Es ist für Flüchtlingskinder geschrieben und gezeichnet, bietet aber auch ihren Eltern und Helfer_innen eine Hilfe für den Umgang mit den betroffenen Kindern. Denn auch denen, die sich mit Kriegstraumata und ihren Folgen nicht auskennen, kann es helfen, zu erkennen, warum ein Kind sich gerade auf so unerklärliche Weise verhält, und gibt Tipps für eine adäquate Reaktion.
Eine Bildergeschichte erzählt zunächst von einem Kind, das Krieg erlebt, fliehen muss und nun in Sicherheit ist, aber immer noch Angst hat. Sie zeigt dem Kind, mit welchen Hilfen es sich aus dieser Angst befreien kann.
In einem zweiten Teil wendet das Buch sich an die Eltern der Kinder. Es macht ihnen Mut, gibt ihnen Tipps, wie sie Traumata an ihren Kindern erkennen und wie sie ihnen dann helfen können. In Teil drei können die Kinder sich aktiv mit dem Thema durch Malen oder Zeichnen auseinandersetzen.
Die Autorin rät, den Kindern das Buch nicht einfach so in die Hand zu drücken. Im NDR sagte sie:
„Noch besser finde ich, wenn es begleitend mit einem Kind oder einer Familie angeschaut wird. Das kann jemand sein, der das Kind oder die Familie durch seine ehrenamtliche Betreuung kennt. Es können aber auch Sozialpädagogen oder Lehrer sein. Wichtig ist, dass man als „Nicht-Traumatherapeut“ darauf achtet, wie das Kind oder die Erwachsenen reagieren. Also: Wie viel möchte sich das Kind anschauen, wann schaltet es ab? Hat das Kind Lust, zu bestimmten Themen zu malen? Es ist also sehr wichtig einen aufmerksamen Kontakt zu haben. Wichtig ist auch, dass das Buch die Tür zur Therapie einen Spalt breit öffnet. Es zeigt, wer die Spezialisten für die großen, mitgeschleppten Ängste sind. Ich denke nämlich, dass schon in Deutschland viele Menschen Vorbehalte gegen eine Therapie haben und die Vorbehalte der Menschen aus Syrien, Iran, Afghanistan noch größer sind.“
Auf ihrer Website rät sie außerdem:
„Als Unterstützer/in können Sie den Eltern oder Kindern das Bilderbuch anbieten oder mit ihnen zusammen ansehen. Für die Betroffenen ist es wichtig, dass Sie dabei diese Haltung einnehmen: Sie begleiten die Kinder oder Erwachsenen freundlich, bescheiden und anteilnehmend bei der Lektüre, sie nehmen ihre Gefühle wahr und antworten auf ihre Fragen. Sie wissen nichts besser, sie stellen keine Diagnose. Sie machen ein Erklärungsangebot. Sie zeigen Hilfsmöglichkeiten auf. Wenn es hilft, ist es gut. Wenn die Betroffenen es ablehnen, ist es ihr gutes und wichtiges Recht.
Oder, um auf das Bild mit der Krücke zurück zu kommen: Sie wissen, dass Sie nur eine „Krücke“ anbieten und nicht „der Arzt oder die Ärztin“ sind.“
Das Bilderbuch steht kostenlos und in vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Arabisch, Farsi) hier zum Download zur Verfügung. Sie müssen es nur (am besten mit einem Farbdrucker) ausdrucken und zusammenheften.