Dresden – wo die Hilfe für Flüchtlinge selbstverständlich ist: von ABC-Tischen über die Welcome-App bis zur Unterstützung geflüchteter Frauen

Kaum eine Stadt hat in den letzten zwölf Monaten einen solchen Gesichtsverlust hinnehmen müssen wie Dresden – und das nur dank einer Minderheit von unbelehrbaren, geschichtsvergessenen Biedermännern und Brandstiftern. Doch auch in dieser Stadt, und das geht leider in den Medien völlig unter, gibt es zahlreiche Menschen, die Flüchtlingen ganz selbstverständlich helfen.

Und diese Hilfe fängt ganz oben an – der Bürgermeister und die Vorsitzenden der Volksparteien im Stadtrat haben sich öffentlich gegen die Hass-Demonstrationen positioniert:

„Über 534 000 Dresdnerinnen und Dresdner lassen sich nicht auf 6 Buchstaben reduzieren. Niemand kann für sich allein in Anspruch nehmen, dass er das ganze Volk vertritt – nicht montags und an keinem anderen Tag der Woche.“

Die Stadtverwaltung informiert deshalb auch auf ihrer Website ausführlich mit „Nachrichten zu Asyl und Toleranz“, und sie informiert über zahlreiche Veranstaltungen, die sie organisiert oder unterstützt. Darunter sind Bürger_innenversammlungen, Sachspendensammlungen, ein Runder Tisch Asyl und immer wieder öffentliche Gesprächsangebote. Und nicht zuletzt stellt die Stadt zahlreiche Fakten und Informationen zum Thema Flüchtlinge online – wenn man will, kann man also durchaus die korrekten Daten und Fakten nachlesen. Und wer helfen möchte, findet Kontaktadressen für die Koordinierung ehrenamtlicher Hilfe ebenfalls auf der Website.

Weil diese Hilfe in Dresden aber so zahlreich ist, kann ich hier nur einige Beispiele nennen.

Das Team der Semperoper stellt sich seit einem Jahr durch öffentlichkeitswirksame Aktionen (u. a. Ausschalten der Beleuchtung, wenn Pegida marschiert, und weithin sichtbare Transparente mit Toleranz-Botschaften) auf die Seite der Weltoffenheit. Die Staatsoperette gibt u. a. ein Konzert für Flüchtlinge. Auch das Rote Kreuz machte mit einem großen Banner deutlich, auf welcher Seite es steht.

Die Infobroschüre der Caritas hatte ich hier schon erwähnt. Auch die evangelischen Kirchen sind vor Ort in der Flüchtlingshilfe aktiv und informieren auf ihren Websites (z. B. hier oder hier) über Projekte von Begegnungscafés bis Postkartenaktionen sowie über Initiativen, die sich teils schon zusammenschließen, bevor Flüchtlinge im Stadtteil angekommen sind. Von wegen #Kaltland.

Das Umweltzentrum bietet u. a. Flüchtlingskindern aus der nahegelegenen Erstaufnahme-Einrichtung und Zeltstadt nachmittags einen Spielplatz an, ab und zu sogar mit Filmvorführungen. Und für die Erwachsenen gibt es ABC-Tische – im Sommer draußen im Grünen, jetzt u. a. im Albertinum. An diesen Tischen treffen sich täglich Einheimische und Flüchtlinge und sprechen Deutsch miteinander. Wer mithelfen will, kann sich über die Facebook-Seite des Umweltzentrums informieren und melden.

Die ABC-Tische gibt es, dank der Initiative zur Unterstützung geflüchteter Frauen in Dresden, mittlerweile auch von und für Frauen. Die Initiative schreibt auf ihrer Facebook-Seite:

„Vorrangiges Ziel ist es zunächst, Schutzräume für die Frauen in Dresden zu schaffen, welche ausschließlich von Frauen angeboten und betreut werden sollen. Die Frauen benötigen diesen geschlechtsspezifischen Schutzraum, der Männer zunächst ganz klar ausschließt, um zum einen die Gefahr von Retraumatisierung zu mindern, zum anderen, um ihnen die Möglichkeit zu geben einmal die alltäglichen Pflichten (Kinderbetreuung, kochen etc.) ablegen zu können.“

Weitere Aktionen über die ABC-Tische hinaus sind bereits angedacht. Das Infozentrum Dresden hat eine Informationsreihe zum Thema geflüchtete Frauen zusammengestellt. Das Programm mit Vorträgen, einer Ausstellung und Diskussionen können Sie hier herunterladen.

Zwei Unternehmerinnen aus Dresden haben für Flüchtlinge eine App entwickelt, mit der sie sich leichter in der Stadt zurechtfinden können sollen: die „Welcome App“. Zuerst entstand sie nur für Dresden, nun soll sie auf ganz Deutschland ausgeweitet werden.

Der Verein Akifra (Aktionsgemeinschaft für Kinder- und Frauenrechte e. V.) organisierte ein Willkommenspicknick für Einheimische und Flüchtlinge in einem Park, an dem, laut Dresdner Neueste Nachrichten, mehr als dreimal so viele Dresdener_innen teilnahmen wie Flüchtlinge. Von wegen #Dunkeldeutschland.

Das Netzwerk Dresden für Alle, in dem eine riesige Zahl von Vereinen und Institutionen aus Dresden versammelt sind, hilft nicht nur, sondern informiert auch über Facebook und Twitter über seine Aktionen und verlinkt Informationen rund um Initiativen und Vorkommnisse in der Stadt.

Wer erst einmal hineinhören möchte in die umfangreiche Hilfe in Dresden: eine Reportage des Deutschlandfunks (nachzuhören hier) erzählt ausführlich über das lokale Engagement für Flüchtlinge.

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