„Mehr Integration!“ fordert die Politik meist dann, wenn sie am rechten Rand fischen will. Doch ausreichend Möglichkeiten, Angebote und Informationen dazu schafft sie i. d. R. nicht. Deshalb sind viele verunsichert und wissen gar nicht, wie und wo sie in Sachen Integrationshilfe ansetzen können. Unicblue in Gelsenkirchen geht es nicht anders. Trotzdem handeln sie.
§ 43.1 des Aufenthaltsgesetzes von 2004 schreibt vor:
„Die Integration von rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebenden Ausländern in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland wird gefördert und gefordert.“
Dazu gehört natürlich, dass sich auch Unternehmen nach ihren Möglichkeiten an der Integration beteiligen, indem sie z. B. Menschen mit Wurzeln in anderen Ländern Arbeits- und Ausbildungsplätze nicht nur anbieten, sondern auch tatsächlich geben. Doch ist das etwas schwieriger als es sich anhört, wie dieses Beispiel zeigt:
Die Messebaufirma Unicblue bildet seit Jahrzehnten Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund aus, schreibt mir Geschäftsführer Franz Przechowski. Für den Mann aus dem Schmelztiegel Ruhrpott war es, wie er im WDR sagte, selbstverständlich, nun auch Kriegsflüchtlingen ein Angebot zu machen: zwei seiner vier offenen Ausbildungsstellen möchte er 2015 an Flüchtlinge vergeben.
Doch ganz so einfach ist das wohl nicht. Abgesehen von einer Menge rechtsextremer Kommentare zu seiner Ankündigung auf Facebook, musste Przechowski feststellen, dass die zuständigen öffentlichen Stellen ihre eigenen Gesetze nicht kennen und ihm bei der Frage zu den rechtlichen Aspekten einer Ausbildung von Flüchtlingen nicht raten konnten.
Dabei wurde schon 2013 die Beschäftigungsverordnung angepasst, sodass bei Aufnahme einer Ausbildung die Vorrangprüfung (bei der geprüft werden musste, ob keine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit für diesen Ausbildungsplatz gefunden werden konnte) seitdem wegfällt. In § 32.2 (1) steht deshalb nun in Bezug auf Menschen mit Duldung:
„(2) Keiner Zustimmung bedarf die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung
1. einer Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf“
Dass die betreffenden öffentlichen Stellen wie die Agentur für Arbeit oder die für Migration zuständigen Ämter, so Przechowski, über Details dazu nicht Bescheid wussten, findet er skandalös. Und musste sich mühsam selbst Kontakte suchen, die Bescheid wissen. Mittlerweile fand er Unterstützung durch das Netzwerkprojekt ELNet.
Wenn Sie nun Flüchtlingen einen Ausbildungsplatz anbieten möchten, dann können Sie u. a. hier Informationen finden:
- Xenos – Arbeitsmarktliche Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge
- Pro Asyl
- Flüchtlingsräte (auf der Seite nach unten scrollen)
- sowie bei den migrationspolitischen Sprecher_innen der Parteien auf lokaler oder Landesebene.
Und sprechen Sie öffentlich darüber – je mehr darüber zu hören und zu lesen ist, desto eher werden Ämter bei der nächsten Anfrage Bescheid wissen, und desto einfacher und normaler wird es für andere Unternehmen, Flüchtlingen einen Ausbildungsplatz anzubieten.