Abwab – Neues Magazin auf Arabisch von Flüchtlingen für Flüchtlinge

Das arabische Wort „Abwab“ bedeutet „Türen“, denn, so der Chefredakteur des neuen Magazins, es öffnen sich bei Ankunft in Deutschland Türen für die Flüchtlinge. Das Magazin wird von Flüchtlingen für Flüchtlinge geschrieben. Es wird kostenlos in Flüchtlingsunterkünften verteilt und soll monatlich erscheinen.

Er ist Poet und Journalist, saß in einem jordanischen Gefängnis, war Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung und nun ist der 27-jährige Ramy Alasheq ehrenamtlicher Chefredakteur des arabischsprachigen Magazins „Abwab“. In der taz sagt er:

„„Besuchen Sie Deutschland zum ersten Mal?“, fragte mich der Beamte, als ich im letzten November [2014; Anm. d. Red.] am Flughafen Köln-Bonn landete. „Ja“, antwortete ich, „das erste Mal, dass ich meine Heimat verlasse.“ „Herzlich willkommen“, sagte er, „Deutschland ist Ihre neue Heimat.“ […] Die Begrüßung hat mich erschüttert und jede Menge Fragen aufgeworfen über das Leben hier und über das eigene, völlig neue Leben.“

Er wurde von einer Kölner Familie aufgenommen und erlebte dort, wie es ist, wenn einem als Flüchtling Türen geöffnet werden. Im Zürcher Tagesanzeiger sagt er:

„Wenn man selbst offen ist und die Kultur hier akzeptiert anstatt sie zu verurteilen, wenn man sich mit Sprache und Kultur vertraut macht, kann man hier gut ankommen. Jetzt ist es sogar leichter geworden, denn man wird schneller zum Integrationskurs zugelassen, der 600 Sprach- und 60 Kulturstunden beinhaltet. Bei den Kulturstunden müsste man aufstocken, aber als Einstieg ist das Paket gut. […]

In «Abwab» erklären wir etwa, wie der Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes lautet – und warum die Unantastbarkeit der Menschenwürde nach 1945 zum verfassungsrechtlichen Grundpfeiler der BRD wurde. Welche Rolle der Begriff des Individuums spielt; was die Spielregeln der Demokratie sind. Zum Verständnis dieser Dinge muss man Schritt für Schritt hinführen.“

Und weil alle, die an „Abwab“ mitarbeiten, selbst Flüchtlinge sind, wie Alasheq AlJazeera sagte, wissen alle, wie es ist, neu in ein fremdes Land zu kommen, die Sprache und Kultur noch nicht zu kennen, und sich dennoch vom ersten Tag an mit deutschen Behörden, Gepflogenheiten, Gesetzen und Regeln auseinanderzusetzen.

In „Abwab“ geht es, so AlJazeera weiter, um Politik (u. a. den inner-syrischen Krieg und Diktator Assad), um Kultur (z. B. das erste Flüchtlingsorchester), um Juristisches rund um das Thema Asyl, um das, was man selbst zur Integration beitragen kann, aber auch um (selbst-) kritische Fragen innerhalb der arabisch-sprechenden Flüchtlingscommunity („Sind wir rassistisch?“ z. B. gegenüber Flüchtlingen aus nicht-arabischen Ländern). Das Magazin hat außerdem eine Seite mit Suchmeldungen für vermisste Personen.

Die Macher_innen wollen, so die Deutsche Welle:

„dazu beizutragen, dass sich die Ankömmlinge ihren Weg in die neue Heimat selbstständig bahnen. Hilfe zur Selbsthilfe also. Oder: Gebrauchsanweisung für Deutschland.“ […]

„Die Flüchtlinge kommen in ein neues Land, über dessen Kultur, Gesellschaft und Politik sie nicht allzu viel wissen“, schreibt Al-Asheq im Editorial der ersten Ausgabe. „Vor allem finden sie sich in einer hilflosen Situation, da sie die Sprache, das wichtigste Kommunikationsmittel überhaupt, nicht beherrschen.“ Natürlich werden die Flüchtlinge die ihnen derzeit noch fremde Sprache irgendwann sprechen. Aber bis es so weit ist, will „Abwab“ ihnen helfen. „Die Zeitschrift ist dazu da, Arabisch sprechenden Menschen neue Türen zu öffnen“, schreibt Al-Asheq.

Das Magazin wird derzeit von der in Großbritannien ansässigen New German Media Ltd herausgebracht. Unter anderem finanziert es sich über Anzeigen, und die Finanzierung soll, so AlJazeera, für sechs Monate gesichert sein. Die Erstausgabe erschien mit einer Auflage von zunächst 25.000 und wurde um 10.000 erhöht, weil die Nachfrage so groß war. Die zweite Ausgabe soll bereits 45.000 Exemplare betragen.

Nachtrag 17.05.2016: Das Magazin gibt es auch kostenlos im Internet zu lesen, und zwar auf issuu.com (hier klicken).

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